Die Formel für Glück

Ich bin im Laufe meines Lebens draufgekommen, dass mich Materielles langfristig nicht glücklich macht. Kurzfristig schon, wenn ich mit Einkaufstaschen voll schöner Kleider nach Hause komme, bin ich schon glücklich. Zumindest freue ich mich über die schönen Teile. Ich bin auch noch glücklich, wenn ich die neu erworbenen Kleidungsstücke der Reihe nach anziehe. Aber irgendwann werden sie normal, selbstverständlich, ich sehe mich satt. Das gilt genauso für Schmuck, Schuhe und Handtaschen. Sie machen mich dann nicht mehr glücklich, sondern sind Gegenstände des täglichen Bedarfs.

Was wirklich glücklich macht sind körperliche, seelische und geistige Gesundheit. Ich habe mir oft überlegt, ob seelisch und geistig dasselbe ist. Nein, ist es nicht. Mein Geist braucht etwas anderes als meine Seele. Mein Geist braucht Wissen und Information, meine Seele Liebe. Und mein Körper braucht gute Nährstoffe, um gut funktionieren zu können.

Ein gesunder Geist, ein gesunder Körper und eine gesunde Seele sind meiner Meinung nach die Formel für Glück.

Eigentlich recht simpel und logisch. Nur harmonieren die drei nicht immer zusammen. So einfach ist es auch wieder nicht. Die meisten Raucher beispielsweise wissen, dass wenn sie sich eine Zigarette anzünden, Unmengen an Giften einatmen. Wie oft habe ich einst selber oder andere sagen hören „ich weiß, dass es ungesund ist“. Dem Geist ist es egal, wie es dem Körper damit geht, was er leisten muss, um diese Gifte wieder aus dem Körper zu transportieren.

Oder unglückliche Liebesbeziehungen, wo der Leidende genau weiß, dass ihm sein Partner nicht guttut, aber er dennoch bleibt, weil sich die Seele so sehr nach Liebe sehnt und für die winzigsten Brotkrumen dankbar ist, die ihr hingeworfen werden.

Oder Menschen, die vor lauter langweiliger Arbeit bereits das Gegenteil von Burnout haben, nämlich Boreout, aber nichts daran ändern wollen, weil der Geist schon zu träge geworden ist und es sowieso prinzipiell schwer ist, sich aus der Komfortzone rauszubewegen und etwas Neues zu wagen, also bleibt man lieber da, wo man ist, das ist einfacher und kennt man gut.

Und dann heißt es: das Leben ist nunmal so. Hart und ungerecht. Es ist kein Wunschkonzert und kein Ponyhof. Andere haben es auch nicht besser, es ist überall so. Sei zufrieden mit dem, was du hast. Sei bescheiden. Bleib in der hinteren Reihe stehen.

Renn zum Arzt, er soll es richten!

Lauf zu denen, die predigen, zu wissen, wies geht und mach das, was sie sagen!

Glaube, was Medien dir vorsetzen, hinterfrage nicht!

Laufe mit, die anderen tun es ja auch! Und was alle machen, wird doch richtig sein, oder? So bist du auf der sicheren Seite!

Gib Eigenverantwortung ab, das ist viel bequemer!

Wenn nicht, querulierst du, bist du unangenehm. Wenn du hinterfragst, bist du nicht beliebt. Wie kann man etwas nur in Frage stellen, was alle tun?  Oder du bist einfach merkwürdig und anstrengend.

Du bist unangenehm, wenn du deine geistige, seelische und körperliche Gesundheit selbst in die Hand nimmst und neue Wege gehst. Wenn du deine innere Mitte anstrebst, wo alle drei einen Draht zueinander finden, sich gegenseitig verstehen und respektieren, kannst du ganz sicher davon ausgehen, dass du Neider haben wirst.

Du strahlst dann nämlich von innen heraus. Dann ist deine angeborene Optik unwesentlich. Dann ist das, was du ausstrahlst das, was andere berührt. Und du wirst unglaublich schön dadurch. Dein Wirken und Tun sind wie von Magie geleitet.

Du wirst stark polarisieren. Massen werden auf dich zulaufen, andere wiederum werden dich vollständig ablehnen. Damit muss man natürlich lernen, umzugehen.

Braucht es dazu Mut? Ja, um auszusteigen braucht es gewaltig viel Mut!

Angst? Ja, auch Angst gehört dazu. Aber um mutig sein zu können bedarf es der Angst. Ohne Angst kein Mut. Jeder Held hatte zunächst Angst. Was ihn zum Helden gemacht hat war, seine Angst zu überwinden.

Was braucht es nun zum Glücklichsein? Die Komfortzone? Nein.

Das JA zu sich selbst und die Lust am Leben!

Glaube mir, es lohnt sich! Sich immer wieder der Angst zu stellen und sie zu überwinden. Wir malen uns alles oftmals viel zu bedrohlich und erschreckend aus, was es dann am Ende gar nicht ist. Weil die Angst oft unbegründet ist. Wir können der Angst den Schrecken nehmen, indem wir in Worte fassen, was wirklich passieren würde, wenn wir uns ihr stellen.

Ich bin sicherlich eine der größten Angsthasen der Welt. Aber ich habe in meinem Leben immer wieder von vorne begonnen, wenn ich nicht glücklich war. Ich habe sehr oft Angst vor neuen Situationen gehabt – aber ich habe gelernt, mich zu fragen, was wirklich realistisch passieren würde.

Ich habe immer von meinem Mut profitiert. Ja, anfangs ist es unbequem – aber auch aufregend!

Ich habe ein Lieblingsgedicht. Es ist von Hermann Hesse und heißt „Stufen“.

Darin kommt dieser Satz vor:

„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.“

Ich stelle dir das ganze Gedicht hier rein. Mir hat es damals so sehr die Augen geöffnet. Es soll dir genauso ein Begleiter sein und Mut machen.

Stufen von Hermann Hesse

Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
in andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
an keinem wie an einer Heimat hängen,
der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
er will uns Stuf´ um Stufe heben, weiten.
kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen;
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
uns neuen Räumen jung entgegen senden,
des Lebens Ruf an uns wird niemals enden,
wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!